Mit der Göttin des Schachs im Bunde – knapper Sieg gegen Schifferstadt
Am 22.01. trafen wir im Heimspiel auf Schifferstadt und an diesem Tag war alles anders als sonst. Natürlich waren wir Favorit, denn immerhin reiste der Tabellenletzte bei uns an, was am Spielverlauf aber kaum ablesbar war. Zunächst gingen wir 1 zu 0 in Führung. Vielleicht angesichts zu erwartender Schneemassen trat der Gegner mit einem Mann weniger an, sodass Niklas Leyendecker kampflos gewinnen konnte. Aber danach nahm der Mannschaftskampf einen unerwarteten Verlauf.
Überraschung Nummer 1: Der bisher fast nie in Verlustgefahr geratene Frank Mayer verlor seine Partie an Brett 1 gegen Erik Förster (2183). Dabei spielte Frank nicht einmal irgendeinen offensichtlichen Fehler, aber eine vielleicht eher unglückliche Figurenaufstellung aus der Eröffnung heraus verdammte ihn zur Passivität, den aktiven Plänen seines Gegners konnte er nichts entgegensetzen, nach drei Stunden wurde Frank endlich von seinem Leiden erlöst. Emil Bleisinger konnte am fünften Brett die Führung wieder herstellen. Gegen seinen Gegner Wadim Heß (1782) vertraute er als Schwarzer auf eine Isolani-Stellung, die ihm munteres Spiel und Druck gegen die Königsstellung bescherte. Als sein Gegner etwas unmotiviert seine Königsstellung mit g4 etc. entblößte, zerstörte Emil die gegnerische Festung. Damit gelingt dem Birkenfelder sein dritter Sieg in Folge. Wichtig.
Überraschung Nr. 2: Der bisher völlig punktverlustfreie Herbert Bastian gibt gegen Christoph Holz (2090) seinen ersten halben Punkt ab. Natürlich liegt ein Remis gerade als Schwarzer gegen so einen starken Gegner durchaus im Rahmen des Möglichen, angesichts einer bisherigen Serie von zwölf Siegen darf dieses Unentschieden aber durchaus gesondert hervorgehoben werden. In der Partie versuchte Herbert sein Glück am Königsflügel, entscheidend konnte er aber nicht durchdringen. Spielstand 2,5 zu 1,5. Überraschung Nr. 3: Elo Schwergewicht Mario Ziegler verliert gegen Tamir Chromey (1724), obwohl er zunächst eigentlich alles im Griff hat. Am Ende – was zwischendurch passiert war, entzog sich meinen Blicken – fand er sich aber mit Minusqualiätät in einem hoffnungslosen Endspiel wieder. Spielstand: 2,5 zu 2,5. Und hier muss man nun der Mannschaft ein großes Kompliment machen. Trotz suboptimaler Ausbeute unserer Top–Spieler gelingt es am Ende doch noch, einen knappen Sieg einzufahren. Und das kam so: Mike Sidon brachte am vierten Brett gegen seinen Gegner Tobias Faulhaber (1880) ausgangs der Eröffnung ein strategisches, aber nicht risikoloses Qualitätsopfer. Bei dem Studium einiger Großmeisterpartien war der Berichterstatter vor einigen Jahren auf diese Idee aufmerksam geworden. Da er nun einen starken weißfedrigen Läufer hatte und Tobias seine Figuren, vor allem die Türme, kaum ins Spiel bringen konnte, kippte die Partie sehr schnell zu Gunsten des Heimspielers.
Und nun, bei den restlichen beiden Partien, waren wir mit Caissa, der Göttin des Schachs, im Bunde. Tatsächlich lässt der Dichter William Jones in seinem gleichnamigen Gedicht aus dem Jahre 1763 den Gott Mars das Schachspiel erfinden, um das Herz der Göttin Caissa zu erobern. Und glücklicherweise stand uns diese Göttin heute zur Seite. Dabei kam Milan Schneble zu seiner ersten Partie für unsere erste Mannschaft und machte seine Sache lange richtig gut, ging mit einem Mehrbauern ins Schwerfigurenendspiel und durfte eigentlich auf einen Sieg hoffen. Aber plötzlich war deutlich zu erkennen, dass sein Gegner Christian Biedinger (1772) mit einer Kombination die Dame Milans hätte gewinnen können – und er sah diese Kombination auch, wie er direkt nach der Partie erklärte – aber aus auch für ihn unerklärlichen Gründen (Caissa??) führte er einen anderen Zug aus, Glück für uns, Pech für die Gäste aus Schifferstadt, Milan konnte diese Partie ins Remis retten. Spielstand 4 zu 3. Auch Lena Mader erklärte ihrem Gegner Alexander Peit (1886) direkt nach der Partie, wie er hätte gewinnen können. Und sie hatte Recht. Zunächst einmal gab der Gast im Endspiel eine Figur, um mit Turm und drei Bauern mehr gegen Turm und Läufer auf Sieg spielen zu können. Irgendwann später hätte Alexander Peit dann tatsächlich seinen Bauern zur Dame umwandeln können, aber zu unserem Glück sah er es nicht. Beide Seiten lebten in der hektischen Schlussphase vom Zeit – Increment und spielten, bis tatsächlich eine theoretische Remis-Stellung erreicht war. Dabei zeigte Lena, wie nervenstark sie ist. Im Zeitnot–Krimi waren keine Emotionen in ihrem Gesicht abzulesen (Pokerface), großartig. Milan und Lena retten uns den Sieg. Und eine überragende Mannschaftsleistung. Als unsere Leistungsträger einmal nicht wie üblich performen, springt der Rest der Mannschaft in die Bresche. Noch sind die Aufstiegschancen intakt, am 12.02. geht die Reise zum Spitzenreiter SC Herxheim. Jenes Herxheim, gegen das unsere zweite Mannschaft ebenfalls stark aufspielte und nur knapp mit 3,5 zu 4,5 den Kürzeren zog.